Historische Seite
Uesslingen
Buch, Dezember 2014
Kinderheimat
Lesebuch für das 1. Schuljahr Auflage
von 1938
Nun zeigt mir mal
Wie die Mädchen fegen,
wie die Schreiner sägen, wie die Frauen waschen, wie die
Kinder naschen, wie die
Maler malen, wie die Käufer zahlen, wie die Jäger schiessen,
wie die Herren grüssen,
wie die Schneider nähen, wie die Bauern mähen.
Was sie tun
Bäcker backen, Metzger
hacken, Schneider flicken, Mädchen sticken, Mütter stricken,
Hühner picken, Uhren
ticken, Glocken wecken. Aber die Faulen stecken unter den Decken.
April
April, April, der weiss
nicht was er will ! Bald lacht der Himmel klar und rein, bald schaun
die Wolken düster drein,
bald Regen und bald Sonnenschein. Was sind mir das für Sachen,
mit Weinen und mit Lachen,
ein solch Gesaus zu machen !
Am
Ostermorgen
Wie der Blitz rennen die
Kinder in den Garten. Wo hat wohl der Osterhas die Eier hingelegt ?
Sie suchen und suchen, bei jeder Staude, bei jedem Strauch. Und im
Gras, da sieht man es gleich, wo der Hase durchgelaufen ist. Ei ja,
da liegt ein ganzes Nest voll, blaue, rote, gelbe. die hat Heini
schnell gefunden.
Aber Anneli ? Es sucht auch und findet nichts. –
So schau doch dort beim Gartentürlein ! – Juhu, da liegt noch ein
Nest voll ! Ein kleines Osterhäslein sitzt dabei und spitzt die
Ohren.
Warum rennt es dann nicht fort ? Es ist ja nicht lebendig, es
ist ja aus Schokolande.
Das
grosse Butterbrot
Gretli sitzt auf der Bank
im Hofe. Es will sein Butterbrot essen. Das Butterbrot ist gross.
Gretli hat aber auch grossen Hunger. Da kommt ein hungriges
Hühnchen, das sagt: Gib mir ein Bröcklein.
Wenn ich gross bin, lege
ich dir auch ein Ei. Das darfst du dann essen, piep.
Ein Hündchen sitzt dabei,
das bellt: Wenn ich gross bin, bewache ich dein Haus.
Gib mir auch
einen Bissen. Wau! Wau!
Miau, ruft das Kätzchen
von der Mauer herab.
Wenn ich gross bin, fange ich dir jeden Tag eine
Maus. Schenk mir ein Stück von deinem Butterbrot.
Alle bitten, alle bekommen
ein Bröcklein. Nun ist das Butterbrot nicht mehr gross.
Das
lustige Auto
Die Autos sind die
schnellsten Pferde. Sie laufen auf Räderbeinen. Hafer fressen sie
keinen.
Sie stehen schön brav am
Strassenrand, wo man sie hinstellt. Man hört sie nie wiehern.
Aber sie rufen tut tut. In
der Nacht haben sie Augen so feurig wie die Katzen.
De
brav Bueb
De Peter ischt en flotte
Burscht; dem ischt de Astand no nid Wurscht.
Goht hei de Ma mit Sack
und Mappe, so grüesst er lut und lupft si Chappe.
Sei’s alt, sei’s jung,
ob arm ob rich, säb ischt dem chline Mannli glich.
Und jedes denkt; wie
schön, wenn d’Chind so fründlich und so höflich sind.
Heini
will Aepfel pflücken
Alle Tage schaut Heini
nach dem Apfelbaum.
Die Aepfel haben schon rote Backen.
Das macht Heini grosse Freude;
Er sagt;
Bäumlein, Bäumlein schüttle dich,
wirf deine Aepfel über mich
Aber das Bäumlein und die
Aepfel lachen nur. –
Oho, der Vater bringt eine lange Leiter. Er
steigt auf den Baum .
Aepfelein um Apfelein legt er in den Sack.
Heini möchte auch gerne
auf die Leiter steigen.
Aber die Mutter hat es verboten. Sie sagt:
Wächst
der Heini weiter, braucht er keine Leiter.
Wächst
der Heini immer mehr, lässt er alle Bäumlein leer.
Herbscht
Zum Znüni tarfscht en
Oepfel ha mit schöne rote Backe dra,
das git em Büebli Muet
und Chraft und dass es besser lehrt
und schafft. Und z’Obed
gits zur Schwarzbrotchoscht es Gläsli
süesse-n-Oepfelmoscht.
Mer händ jo Herbscht und richi Zit.
Jetzt gang i d’Schuel. I
ghör scho s‘ Glüt.
Brieflein
ans Christkind
Christkindlein, liebes,
sei doch so gut, mein Püppchen wünscht einen neuen Hut.
Der alte ist schon ein
bisschen zerissen, ist mehr als zwei Jahr alt, musst du wissen.
Und auch ein Kleidchen
hätt ich gern, das alte, weisst du, ist nicht mehr modern und
auch schon ein ganz wenig
zu klein und abgestorben, halt gar nicht mehr fein !
Und könntest du auch noch ein
Schwesterchen bringen, würd ich vor Freude tanzen und
singen. Weisst du, jetzt
bin ich halt immer allein, es wäre viel schöner für mich zu
zwein. Dann wär ich
zufrieden, ich wünschte nicht mehr. Gelt, Christkindlein, denkts
daran, ich bitte dich
sehr.
Einmal etwas ohne
Zahlen, aber zu geniessen mit Humor. War das doch eine schöne Zeit,
am Anfang der
Kinderjahre.
Wer
das ABC nicht kann, ist nur ein halber Mann.
Uesslingen, 20. November
2014
Alfons Lenz
Lieber Alfons, An mein erstes Lesebuch in unserer Schule *Kinderheimat* kann ich mich noch sehr gut erinnern. Einige der dort aufgeführten Gedichte haben wir auswendig gelernt und sind mir auch heute, nach bald 70 Jahren noch präsent. Ich habe mich echt darüber gefreut, dass Du jenes Buch nochmals vorgestellt hast. Ich bin schon gespannt auf Deinen nächsten Beitrag und hoffe, dass Dir die Ideen noch lange nicht ausgehen. Mit freundlichen Grüssen vom Seebachtal ins Thurtal Euer Martin www.huber-seebachtal.ch
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